Meine Meinung zum Thema Neutralität

 

Ausgelöst vom Krieg Russlands gegen die Ukraine wird von Politikern in vielen Ländern Europas über eine nötige Stärkung der eigenen Wehrfähigkeit diskutiert. So auch bei uns in Österreich.


Darüber hinaus wird von etlichen Politikern in Österreich argumentiert, dass Österreich aufrüsten müsse, weil uns die Neutralität Österreichs nicht vor Angriffen schütze, und sich die Bedrohungslage für Österreich insofern geändert habe, weil Österreich Teil der Europäischen Union sei und daher eine Beistandspflicht für Österreich gelte, wenn ein Staat der Europäischen Union von Russland angegriffen würde, und somit Russland seit dem Krieg gegen die Ukraine indirekt auch für Österreich zu einer Bedrohung geworden wäre. Darüber hinaus haben Österreichs Spitzenpolitiker vom Bundespräsidenten über den Bundeskanzler bis hin zu verschiedenen Ministern öffentlich erklärt, dass Österreichs Neutralitätsgesetz sie rechtlich nicht daran hindere, im Angesicht des Kriegs zwischen Russland und der Ukraine sich verbal und wirtschaftlich nicht neutral verhalten zu müssen. Für Österreich gelte unsere Neutralität rechtlich ausschließlich im militärischen Sinne. Etliche Politiker Österreichs in höchsten Funktionen sprechen sich dafür aus, die Neutralität nicht nur in Frage zu stellen, sondern abzuschaffen, und sich gleichzeitig unter einen europäischen militärischen Schutzschirm zu begeben, möglicherweise sogar der NATO beizutreten.


Meiner Meinung nach unterstellen etliche gegen die Neutralität argumentierende Politiker dem österreichischen Volk Dummheit und Unfähigkeit, das Wesen der Neutralität richtig zu deuten. Sie versuchen dem österreichischen Volk zu erklären, dass unsere Neutralität Österreich nicht schütze, wie es offensichtlich eine Mehrheit der Österreich fälschlich glaube. Anders sei es nicht erklärbar, dass die Zustimmungsrate zur Beibehaltung der Neutralität ungebrochen hoch bleibe.


Meiner Meinung nach wird in der aktuellen Propaganda zweierlei bewusst vermischt. Einerseits das Thema Neutralität, und andererseits das Thema Verteidigungsfähigkeit.


Österreich ist ein sehr kleines Land, an dem sich weder die Supermächte USA, Russland und China reiben, noch die alliierten Staaten Großbritannien und Frankreich. Was die globale Weltmachtpolitik betrifft, wurde und wird Österreich nicht detailliert über deren Zukunfts-Pläne und Absichten informiert. Weder die Politik noch die Geheimdienste. Darüber hinaus verfügt Österreich nicht über die nötigen Spionage-Ressourcen, um sich selbst ein umfassendes Bild über die wahren Begebenheiten und die Pläne dieser Mächte zu machen. Wir wissen spätestens seit dem Ende des zweiten Weltkriegs, dass wir keiner Erzählung dieser Mächte Glauben schenken dürfen. Darüber hinaus manipulieren auch Medien aller Art, werden immer wieder auch Fotos, Videos und Berichte absichtlich verfälscht oder unterschlagen. Das alles wissen wir. Wir alle, die einfachen Volksmassen, werden von allen Seiten belogen und mit Schein-Informationen möglichst dumm gehalten. Daraus folgt, dass Österreich sich davor hüten sollte, irgend jemanden zu verurteilen, gegen irgend jemanden Partei zu ergreifen, und nur das als wahr zu betrachten, was aus eigener Wahrnehmung und Gedankenkraft ohne Einfluss Dritter stammt. Erneut einer Lüge aufzusitzen und abermals Partei zu ergreifen für Dritte, was uns Österreicher nochmals in eine Katastrophe unfassbaren Ausmaßes führen könnte – das wollen wir nicht noch einmal erleben. Wir wollen nie wieder einen Krieg anzetteln oder auf irgend wessen Seite in einen Krieg eintreten, der uns unmenschliche Opfer kostet und am Ende nur die Erkenntnis bringt, dass diese Opfer völlig sinnlos waren, weil wir belogen wurden.


Um dieser unparteiischen Einstellung gegenüber allen Dritten gerecht zu werden, ist jedoch nicht nur eine militärische Neutralität, sondern auch eine wirtschaftliche und verbale Neutralität nötig. Das geltende Neutralitätsgesetz Österreichs wurde seinerzeit in diesem Sinn einer umfassenden Neutralität verfasst. Es demonstriert der Welt in erster Linie eine abgeklärte, vorsichtige, und friedliche Geisteshaltung Österreichs und der hier lebenden Österreicher.


Darüber hinaus erklärte Österreich mit seinem Neutralitätsgesetz aber seinerzeit auch die Absicht einer selbstständigen bewaffneten Landesverteidigung.

Seit vielen Jahren erstellen von Neutralitäts-feindlichen Politikern beauftragte Verfassungsjuristen immer wieder einmal Gutachten mit der wesentlichen Feststellung, wonach die Neutralität Österreichs rechtlich gesehen eine rein militärische Neutralität sei. Diese Gutachter und Politiker beurteilen das Neutralitätsgesetz rein rechtlich, nicht nach seinem Sinn. Ohne solche Gutachten hätten Österreichs Politiker den Österreichern seinerzeit den Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft (EG) ab 1995 nicht „rechtskonform“ empfehlen dürfen. Doch schon der Beitritt zur EG verstieß gegen den umfassenden Sinn des Neutralitätsgesetzes. Beim Wandel der EG zur EU im Jahr 2009 kamen so viele dem Sinn der Neutralität widersprechende Verpflichtungen für Österreich dazu (u.a. die militärische Beistandspflicht), dass Österreich meiner Meinung nach spätestens zu diesem Zeitpunkt aus der EU hätte austreten müssen.


Ein gänzlich anderer Punkt ist die bewaffnete Landesverteidigung.

Österreich hat sich im Neutralitätsgesetz dazu bekannt, hat in den letzten Jahrzehnten aber angesichts fehlender Bedrohungslage nicht die erforderlichen Ressourcen bereit gestellt. Ich habe beim Bundesheer seinerzeit gelernt, dass Österreich bei einem aktiven militärischen Angriff durch die damalige Sowjetunion höchstens zwei bis drei Tage Widerstand leisten könne. Gerade so lange, bis sich die österreichische Bundesregierung im Westen Österreichs eingebunkert hätte. Man gab sich in der damals geltenden Verteidigungsdoktrin der Hoffnung hin, dass die alliierten Mächte innerhalb dieser Tage die Verteidigung oder Befreiung Österreichs übernehmen würden. Das habe ich schon damals für möglich, aber wenig realitätsnah gehalten, weil wir deren Interessen und Bereitschaft zum verhandelbaren Interessens-Ausgleich nie kennen. So stellt sich für mich nach wie vor die Frage, wie sinnvoll die bewaffnete Landesverteidigung eines sehr kleinen Landes wie Österreich gegen eine globale Supermacht wie Russland ist. Costa Rica ist beispielsweise ein neutrales Land in Lateinamerika, dass seit Jahrzehnten keine militärische Landesverteidigung mehr hat und (trotz der Supermacht USA im Nacken) gut damit fährt. Man kann darüber geteilter Meinung sein. Aber die selbstständige bewaffnete Landesverteidigung ist (trotz aller Berührungspunkte) doch ein gänzlich anderes Thema als der Sinn einer umfassenden Neutralität, wie sie Österreich seinerzeit erklärte.


Das wirkliche Wesen und den umfassenden Sinn der österreichischen Neutralität sollte man Österreichs Politikern so rasch als möglich erklären. Wir Österreicher sind nicht so dumm wie kurzsichtige Politiker das gerne hätten. Eine deutliche Mehrheit der Österreicher will weiterhin die Neutralität Österreichs im Sinne des Neutralitätsgesetzes ! Und das ist dem Wesen nach eine allumfassende Neutralität, wie ich meine: militärisch, wirtschaftlich, und nicht zuletzt verbal !


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